Gestern hatte ich wieder mal Langeweile im Wartezimmer und das verfügbare Angebot aktueller Zeitschriften beschränkte sich auf das Frauenmagazin „Donna“.
Ich vermute in der Redaktion sitzen nur ältere Männer, welche die Frauen aus tiefstem Herzen verachten. Überblick gefällig?
„Liebe 40plus – Wie wichtig ist Treue noch?“
„Ich bin dick – aber nicht faul und dumm“
„Das habe ich selber gemacht“
„Jetzt wirds peinlich – Über diese Beschwerden spricht niemand gern, nicht mal mit dem Arzt“
„Es gibt neue Hoffnung bei Alzheimer“
Bei dem Treuethema habe ich nach einigen Sätzen nur quergelesen, nur ein Satz stach mir ins Gesicht „Es gibt tausend Gründe nicht immer treu sein zu können“. Falsch: Es gibt nicht einen einzigen Grund! Nicht einen!!!
Es gibt aber tausend faule Ausreden warum man eine hintergehende Betrüger/-in ist. Ich hoffe die Betroffenen fühlen sich trotzdem schlecht. Allein weil das ihnen das zu Recht geschieht.
Richtig esoterisch-schwurbelig wurde es dann beim Fettakzeptanzartikel. Jeder soll so sein wie er sich wohlfühlt. Es ist die freie Entscheidung jedes Induviduums so dick oder dünn zu sein wie er möchte. Es ist jedoch völlig unverantwortlich jemanden, der mit seinem Gewicht unzufrieden ist, einzureden es wäre doch alles OK. Ist es nicht. Die Frau von der im Artikel die Rede ist hat 52 Jahre auf dem Buckel und 113 Kilo bei 1,69m Körpergröße. Das entspricht einem BMI von 40. Das ist schwer krankhafte Fettleibigkeit. Das ist die Region wenn die Krankenkasse anfängt Operationen zu bezahlen. Zum Vergleich: Ich hätte bei gleichem BMI 122,7 Kilo auf den Rippen. Diese Frau ist bereits eingeschränkt in ihrer Mobilität, sie beschwert sich im Artikel, daß die Ärzte ihre Gelenkprobleme nur auf das Gewicht zurückführen. Auf was denn sonst? Auf den Mondkalender?
Die Chancen auf stoffwechselbedingte Folgeerkrankungen ist bei dieser Frau schon so hoch, daß sie fast das Geld für das „Diabetesjournal-Abo“ beiseite legen und an die AOK den Antrag für einen Elektroscooter schicken kann. Ich Chance auf mindestens eines der beiden Ereignisse in den kommenden zehn Jahren liegt bei über 50% und die AOK bewilligt sehr langsam.
Jetzt nahm die „Donna“ erst mal Fahrt auf!
Ich zitiere mal: „Mit ständigem Entzug setzte ich meinem Körper zu und er nahm das nicht kampflos hin und wehrte sich in dem er ständig mehr Gewicht drauflegte…35 Kilo schmolzen weg bis ich plötzlich wieder zunahm während ich noch hungerte…zehn Kilo in vier Wochen. Mein Arzt erklärte mir, daß mein Stoffwechsel kollabiert sei“
Wau! Wir haben hier echte Nobelpreiskandidaten. Die Frau und der angebliche Mediziner haben die „Freie Energie“ entdeckt!
In diesem Universum gilt leider noch immer der Energieerhaltungssatz. Dieser ist eine auch nicht esoterisch wegzuschwurbelnde Tatsache. Was Du oben reinsteckst kommt auch dabei raus. Nicht mehr – nicht weniger.
Schauen wir uns doch die Aussagen aus der Zeitschrift mal genauer an:
Die Zeitschrift „Fit for fun“, nicht eben das Zentralorgan der Dicken merkt dazu an: „Wer sein Gewicht halten will sollte nicht mehr Kalorien zu sich nehmen als er verbraucht“.
Berechnen wir doch mal ihren Kalorienumsatz mit der wissenschaftlich anerkannten „Mifflin-St.Jeor-Formel“
Mit 113 Kilo hat die Dame einen Grundbedarf von: 1770kcal.
Mit 78 Kilo (Sie hatte ja nach eigener Aussage 35 Kilo abgenommen): 1420kcal.
350 kcal. Differenz pro Tag. Das ist schon mal Holz. Da ist immerhin eine dreiviertel Tafel Schokolade pro Tag weniger Bedarf. Die muß man sich erst mal verkneifen können.
1420kcal. entsprechen in etwa meine aktuellen Kalorienaufnahme. Damit sie wieder merklich zunimmt muß sie nur 1600kcal./Tag zu sich nehmen. Ja, eine entsprechend energiedichte Ernährung vorausgesetzt, kann man damit ziemlich hungrig durch das Leben gehen. Das sind zwei Whopper pro Tag nicht sonst nix. Gar nix! Da hätte doch jeder Hunger, oder? Bei durchschnittlich 1600kcal. nimmt sie etwa ein Kilo pro Monat wieder zu. Kriegt man hin. Ohne Probleme. Wenn man zusätzlich noch berücksichtigt, daß die Frau Mengen und Energiedichten wie fast alle (Studie dazu im Buch „Fettlogik überwinden“) Dicken nicht korrekt abschätzen kann und ihr dann noch ein spätes Sättigungsgefühl unterstellt, ist das Drama beieinander.
Zehn Kilo Zunahme in dreißig Tagen, wenn es denn Fett wäre und nicht auch Wasser oder gar Muskelmasse, entsprechen einer Überernährung von täglich 2170kcal. Das ist mit Hungern nur schwer vereinbar, 2170kcal. entsprechen einer gut belegten Familienpizza oder zwei „Burger King Double Steakhouse“-Burger – aber so liest es sich in der „Donna“ dramatischer. Die Zeitschrift erdreistet sich sich sogar die Männer auf ihr Niveau runterzuzuiehen und hinterfragt tatsächlich warum ihr Ehemann bei ihr beleibt und sich nicht eine Schlankere sucht. Einfache Antwort: Weil er sie liebt. Ja, aber warum schaut er dann anderen Frauen hinterher? Einfache Antwort: Weil er ein Mann ist. Er schaut auch fremden Spielzeug (Autos, Fernseher, wasauchimmer) hinterher. Deswegen will er es nicht haben.
Wie ich drauf komme, daß die Frau unzufrieden mit ihrem Umfang ist? Nun, sie schreibt von ihrer Psychotherapie und wie sie an sich wachsen mußte um mit sich (halbwegs) klarzukommen. „Schwimmbad? Traue ich mich nicht!“ Ob sie jetzt Spaß dran hat von Leuten für ihr Aussehen verspottet zu werden oder nur in Fachgeschäften für Dicke ihre Kleidung einkaufen zu können kann ich mir nicht vorstellen. Zelte anprobieren macht keinen Spaß – vor allem wenn man in der Zeitschrift „Donna“ sehen kann was man auch tragen könnte, wenn man in eine halbwegs normale Kleidergröße passt. Hübsch wäre die Dame nämlich eigentlich schon.